Adelige Geschwister. Vermögensarrangements und soziale Konfigurationen

Projektleiterin: Univ.-Prof. Dr. Margareth Lanzinger

Projektmitarbeiter*innen:
Florian Andretsch MA
Claudia Rapberger MA

Projektlaufzeit: 2021–2024

Projektnummer: FWF – P 34762-G

Familienportrait aus dem Geschlecht der Harrach, 1755. Abgebildet (v.l.n.r.) sind die Geschwister Franz Xaver von Harrach (1732-1781), Maria Josephina von Liechtenstein (1727-1788), Maria Rosa von Harrach (1721-1785) und Maria Anna von Lodron (1725-1780). Ganz rechts steht Ferdinand Bonaventura von Harrach (1708-1778), der Onkel väterlicherseits der vier Adeligen.

Bildnachweis: de.wikipedia.org/wiki/Harrach

Wie auch noch heute bestimmten familiale und verwandtschaftliche Verbindungen und Beziehungen in der Vergangenheit in einem hohen Ausmaß die soziale Stellung und die Lebenschancen einer jeweiligen Person. Einen besonders hohen Stellenwert hatte die Familie und die Verwandtschaft innerhalb des Milieus des Adels, wo Macht und Reichtum entlang von Abstammungs- und Heiratsverbindungen verteilt wurden und wo Angehörige des „Geschlechts“ gleichzeitig in hohem Ausmaß Lebenswege eines jeweiligen Individuums mitbestimmten. Kinder hatten sich in der Regel nach den Plänen ihrer Eltern oder anderer ranghoher Verwandten zu richten. Dabei ging es um Besitznachfolge, geistliche, diplomatische, militärische Ämter und Funktionen oder um günstige Heiratsverbindungen. Die Verteilung dieser Positionen folgte vor allem den Unterscheidungen, die sich durch Geschlecht und Geburtenreihenfolge ergaben. Doch hinter diesen strukturellen Vorgaben standen Menschen mit eigenen Interessen, Wünschen und Vorstellungen, was unweigerlich zu verschiedensten innerfamilialen Konflikten führte. Dies galt vor allem in Situationen, in denen vermeintlich oder tatsächlich „althergebrachte“ Beziehungs- und Machtgefüge verändert werden sollten. Die neuere Forschung geht davon aus, dass sich in der Frühen Neuzeit (ca. 1500-1800) die Organisation von Familien und Verwandtenverbänden innerhalb von mächtigen und wohlhabenden Gesellschaftsschichten grundlegend veränderten. Neue Erbpraktiken, welche in einem starken Ausmaß den ältesten Sohn einer jeweiligen Familie bevorzugten, schufen neue, autoritärere Familienformen. Nur selten vollzogen sich solche Prozesse jedoch ohne Widerstand. 

 

Das Forschungsprojekt analysiert die familialen und verwandtschaftlichen Beziehungen innerhalb der Nobilitäten Nieder- und Oberösterreichs in diesem entscheidenden Zeitraum. Durch die Kombination von verschiedenen Forschungsperspektiven sowie die Auswertung eines vielfältigen Quellenkorpus wird innerhalb zweier case studies ein detailreiches und differenziertes Verständnis darüber aufgebaut, wie sich familiale und verwandtschaftliche Beziehungen in Zeiten radikaler Veränderung ausgestalteten und wie Angehörige der Elite des Habsburgerreiches solche Verbindungen dazu nutzten, um Vermögen zu akkumulieren und Machtpositionen zu sichern.